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Das darf alles nicht nur als Bild vor einem geistigen Auge bleiben, das muss raus, aufs Papier, mindestens eben an einen Ort, der dem Bild gerecht wird. Einem, der nicht nur einem riesigen Teig an Ideen gleichkommt, in dem nicht mehr unterschieden werden kann, wo die eine Idee beginnt oder aufhört. Nein, ein Ort muss es sein, an dem die einzelnen Töne auseinander zu halten sind.

Die meisten deiner Jahre hast du damit verbracht dich zu sehnen. Mal leidenschaftlich, mal ruhig, mal traurig, mal relativ gefühllos. Nach dem Licht da am Ende der Straße, kurz vor den Schottersteinen, bevor sich der Weg entlang der Bäume wie ein Nackenkissen um die offene riesige Wiese legt, Geburtsstadt im Rücken. Nach dem Blick aus dem Fenster des ersten Gymnasiums, der ein wenig Weite versprach, inmitten von Plattenbauten, die Türme blau und trotz der Anzahl ihrer Einwohner merkwürdig leer bis einsam. Sich an Orten befinden, an denen man letztlich nicht ist, sich dessen bewusst sein.
Andere Straßen, andere Plätze, andere Menschen, gelegentlich schildern sie ein vergleichbares Gefühl. Inmitten voller Städte die Anderen vor lauter zugewandter rennender Rücken nur dann sehen, wenn man stehenbleibt. Kurz, tief einatmen, die nächste S-Bahn, U-Bahn, Straßenbahn, der nächste Bus, all das in kurzer Zeit, zwei, fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Minuten. Ein nicht enden wollender Strom an Richtungen, selten ein Hakenschlagen. Das ist nicht so wie in Filmen, unabhängig davon, wie sehr einzelne Szenen in deinen Gedanken bereits, gelegentlich wiederholt, aufgetaucht sind. Es ist egal und dann doch wieder nicht.

Einige Orte, nach denen es sich zu sehnen lohnt, dehnen sich in deinem Empfinden aus, andere ziehen sich zusammen. Ebbe und Flut. Da werden wenige Wochen wichtiger als Jahre, dir wohlbekannte Orte auf einmal kleiner als sie es je sein konnten. Ein normales Leben in einem großen Leben, umgeben von einem noch viel größeren. Matrjoshka, du kennst es nicht anders. Fein bemalt und doch abgegriffen. Die, die neben überdimensionierten Murmeln aus Marmor bei deiner Großmutter ihren Platz fanden, auf weißen Spitzendeckchen auf Beistelltischen, an deren überraschende Kühle du immer wieder denken musst.

DYVN - Reset / Shout Out Louds - Sky and I (Himlen)

Dev & Scan: Foto Labor Service Görner, Dresden