35

Vielleicht ist es deshalb so wichtig die Worte abzufeilen bis nur noch die tragenden Elemente übriggeblieben sind. Mehr Substanz, mehr Authentizität; und dann siehst du dabei zu, wie Filter deine Haut weichzeichnen und dein Dentin fliesenweiß machen wollen. Sollen. Nein. Nein danke. Das hat nichts mit dir zu tun, du gibst nicht vor zu sein: du bist.

Starrst du noch auf die Bögen, die du schlägst, bist du dir der Wellen und Teilchen bewusst? Das Fischen nach einem roten Faden vor lauter Gleichzeitigkeit. Auf einmal wieder dieser fast unstillbare Drang danach nach Hause gehen zu wollen. Sehnsucht, das hochgeschätzte, arg verfluchte Gefühl.

Eventuell liegt es daran: also dieses "sich nicht trauen". Diese Unterstellung dir selbst gegenüber, dass es nichts gäbe, das du erzählen könntest. Es kann eher sein, dass du dich noch nicht gewagt hast, die Geschichten in dir zu sortieren, zu verorten. Alle haben etwas zu erzählen, sei es "nur" ihre Geschichte. Kollidiert sie mit der Vorstellung eines ordentlichen Lebens? Überhaupt, was ist das? Wie viel Schneid gehört dazu zu erzählen, was du in dir trägst? Mit welchen Ausreden redest du dir das, dein, dieses Leben klein? Wie sehr bist du davon überzeugt, dass in deinem Alltag, deinem Leben nichts passiert? Ist es immer das Extravagante, sind es die Abenteuer, die du mit denen von Anderen, Fremden abgleichst? Welchen Maßstab legst du dabei tatsächlich an?
Dich interessiert umso mehr, was in den Momenten geschieht, die sonst keine Person sieht. Wie lange starrst du das Licht nach dem Aufwachen an, wie dehnst du dich, was musst du ganz dringend tun? Wie lange sitzt du schweigend neben deinen Freunden, oder mit dir? Oder hast du all das verlernt wertzuschätzen?

Da war dann dieser eine Text von vor Jahren. Hast geendet mit dem Schneider von Ulm, dir ein richtiges Hinlesen gewünscht, ein Wissen um die Bedeutung. Aber auch dieses Hinlesen will gelernt sein. Ähnlich ist es da mit dem, nach dem du strebst, was dich antreibt: Ausdruck. Eine, deine Form, eine voller Liebe und Wissen. Ein Berühren, ein tiefes in die Seele sehen. Alle wollen gesehen werden, so sehr, dass es im Inneren überschwappt. Du genauso. Wie unangenehm sich das allerdings erstmal anfühlt, wenn es unerwartet passiert, hat dir niemand gesagt. Das erfährst du für dich, wirst es erst so richtig genießen können, wenn du mal die Angst davor beiseite schiebst.

The Chemical Brothers - The Darkness That You Fear // Dead or Alive - You Spin Me Round (Like A Record)

Dev & Scan: Foto Labor Service Görner, Dresden