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Du nimmst dir einfach die Zeit; das Wasser läuft wie ein Rinnsal deine Beine herab, an deinen Zehenspitzen vorbei in den Abfluss deiner Badewanne. Denken, wenn und wann etwas ist. Ein wenig ziept etwas an deinem Handgelenk, erinnert dich, dass du gleich weiter musst. Der Sommer klingt durch die Scheiben, nein, vorbei an der Dichtung des Fensterrahmens.
Springbrunnen, Unter den Linden, always burns, never tans. Du willst dich hinlegen, deine Haare haben deinen Bauchnabel passiert.
Stufen, Hauseingänge, die du noch erkennst, deine Lieblingskneipen sind zumeist die, die in Ecken wohnen. Du erinnerst dich an Fernseher, die über dem Eingang hingen und an Tresen, an denen Schriftsteller saßen, die nun nicht mehr sind. Du hast ihnen in Gedenken jedes Jahr einen Stift ans Grab gelegt.

Dir erschließt sich zunehmend erst jetzt, wie kurz die Wege zu Fuß waren und sind. Dreißig Minuten zur Siegessäule, Tiergarten, Wasser und Luft voller Rhododendren, den Geruch von Sommerregen dank Sprinkleranlage inklusive. Andere Stadt. Dreißig Minuten um zur Brücke zu kommen, die schon immer ewige Baustelle zu sein scheint, Wiesen, vertrocknet bei Niedrigwasser, gepflasterte Straßenzüge, die diesen speziellen Klang unter Autoreifen erzeugen; weite Fläche vor der Oper. Andere Stadt. Dreißig Minuten, um zum Fluss zu kommen, zu Betonwänden, die den Weg zum Kino säumen, Ankunfts- und Endpunkt für manche Züge, reges Treiben, dieses spezielle Geräusch der Buskolonnen; wie alles von Liedern vertont wird, die du seit früher Kindheit kennst. Das Licht ist ein anderes, das Level an behutsamer Konservierung früherer Dinge jeweils ein ähnliches.
Prachtstraßen, innere. Die, die du nicht traust zu oft zu zeigen, weil sie deine sind. Im Spiegel siehst du dich und dir dabei zu, wie die Orte, an denen du warst, wieder (sein) werden. Als wäre es eine Erinnerung an eine lang vergangene Geschichte, ein Jahr wie ein Jahrzehnt oder eine Woche. Als wärst du im Landurlaub nur kurz Brötchen holen gegangen und hattest dich verlaufen. Gänsehaut bei fünfunddreißig Grad, die auch eine vollgelaufene Badewanne hätten sein können.

Du nimmst dir einfach die Zeit; da hängt dir ein Satz noch immer im Ohr wie ein Gefühl. Es könnte so langsam wieder losgehen, denkst du dir, sitzend balancierst du über dem Boden, den Rücken gerade, den Bauch angespannt. Hände wie geformt wie Tassen.
Vielleicht ist ein großer Teil des Tricks, nur die Klangteppiche zu wählen, die ohne Worte, die, die dich innerhalb von Momenten dazu bringen können zu fokussieren (auf etwas, das du magst). Konzepte ausarbeiten, schreiben, so wenig Ablenkung und Stimulus-Overload wie möglich, damit das, was dich interessiert, seinen Raum bekommt.

15. Juni, 20:14
Tagesschau Beitrag zum Spiel der dt. Nationalmannschaft. Alles wie immer: hinter dem Reporter irgendein Dude, der hart angestrengt Deutschlandfahnen schwingt, irgendein anderer, der seine Bierflasche stolz in die Kamera hält und winkt, Person im Hintergrund, die Pfand sammelt.

16. Juni, 15:45
Endlich wieder Bibliothek, endlich wieder Staatsbibliothek. Was für ein verdammter, was für ein verdammt guter Zufall das im September 2013 war mit dieser Wohnung. Bald endlich wieder Neue Nationalgalerie. Oh Mies (van der Rohe). Wie war das mit Otto Piene? More Sky. More Sky. More Sky.

18. Juni, 22:30
Ich bin von der Hitze so durch, ich hätte mir statt Gliss Kur fast Meister Proper in die Haare gesprüht.

19. Juni, 19:13
Und dann sind sie einfach auf dem Landwehrkanal liegen geblieben, Plastik zwischen sich und dem Wasser.
Mir ist zu warm, also schaue ich lieber wieder Dark, da regnet es wenigstens fast immer und mir wird wieder kalt.

Verdammt, was habe ich eine Lust auf das, was kommen mag, was auch immer das sein wird.

Wolf Alice - How Can I Make It OK?

Dev & Scan: Foto Labor Service Görner, Dresden
Film: Fuji Pro400H