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Du schüttest dir zu viel Wein übers Gesicht und lachst, da auf dem Boden in der Runde, neben den Hefeteigwaffeln, neben dem Konfetti. In Gedanken sortierst du deinen Schreibtisch neu, neu für ein neues Jahr, nimmst Maß, nimmst Memorabilia von deiner Wand. Bald alles neu. Es hängen noch unvollendete Briefe hinter Illustrationen. T sagt, Malerweiß sei am besten, du fragst dich, ob die Risse in der Wand im Flur so sein müssen oder ob du sie einfach übermalen kannst. Später dann. Du weißt schon. Mit Leidenschaft denkst du an den Manuel Neuer Pappaufsteller von vor Jahren, der für irgendetwas warb, aber im Baumarkt an der Yorckstraße irgendwie immer nur in der Nähe der Toilettendeckel stand. Du wischst dir also den überschüssigen Wein aus den Haaren, aus dem Dekolleté, lachst weiter und fragst dich leise, wie du ins kommende Jahr hineinlachen darfst.
Im Netz teilen sie Vergleiche von vor zehn Jahren, wie sich Zeit niederschlägt, nicht im Negativen, eher, wie sie gelegentlich feiner auf Seelen fällt als Sommerregen. Und du? Gerade wünschst du dir, dass die Zeit sich ein wenig beeilt (aber bitte nicht als Hagel).
A fragt, wie es um deine Kunst steht, du brichst spontan in Lachen aus, denkst an all die Arbeiten, die du verloren hast und an die, die du daraufhin gelöscht hast. Du beginnst also neu, in Anfängen, an Eingängen zieht dich die warme Luft wohlig aus der Kälte hinaus; das könntest du auch illustrieren, du weißt schon, Systeme und Thermodynamik und so weiter. Viel lieber würdest du ganz in Ruhe Stimmungen aufnehmen und fotografieren und dich fragen, wieso es nicht möglich ist, Licht mitzunehmen über Fotografien hinaus. Alte Projekte klopfen an, Orte, Unorte, vorbeiziehendes. Hier also auch irgendwann, bald, alles neu. Altes aufarbeiten, eventuell muss es nie fertig sein.

Du sortierst also deinen Schreibtisch neu, findest eine Nachricht von dir an ein Zukunftsdu in deinem vorherigen Skizzenbuch, du sortierst deine Stifte und wischst den Staub der letzten beiden Jahre weg (der hinter dem Drucker). Variations of Static in Linienform interpretiert. Static nur noch als Stabilität, nicht als etwas, das wie ein Anker an dir hängt. Jetzt, neu, die Plattentektonik der Anfänge.
Lass es auch an deinen Eingängen frisch gestrichen sein.
"Oh, four, five, six, c'mon and get your kicks."
(Jet - Are You Gonna Be My Girl)
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